Marie-Claude

Habe ich schon erwähnt, dass es sich bei den Auberges de Dunes (Stichwort: Frauenschlafsaal) um eine Jugendherberge handelt? Tatsächlich habe ich den Alterschnitt ein wenig gehoben und Marie-Claude hat mich dabei tatkräftig unterstützt. Es war schon überraschend, eine Dame wie sie in diesem Umfeld zu treffen. Sie hatte zwar ein Einzelzimmer, aber wir fanden uns an meinem ersten Morgen im Frühstücksraum und kamen nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sie Englisch-Lehrerin gewesen war, schnell ins Gespräch. Es war eine typische Kennenlern-Unterhaltung samt systematischer Abarbeitung der Standardfragen, bis wir auf unsere bevorzugten Reiseländer zu sprechen kamen. Marie-Claude erwähnte Polen, Italien, England, Deutschland sowie Burkina Faso und das ist – wiewohl ehemalige französische Kolonie – doch sicher kein klassisches Urlaubsland für rüstige Pensionistinnen. Ich fragte nach und erfuhr die Geschichte von „Europe Inter Echanges Plateau EST de Rouen“.

Max Martinez, Bürgermeister einer Kleinstadt in der Nähe von Rouen, und seine Frau Marie-Claude sind zutiefst überzeugt von dem, was wir Europäische Idee nennen. Aus dem Streben nach tieferem Wissen um die kulturellen Unterschiede, Besonderheiten und auch Gemeinsamkeiten, beschlossen sie im Jahr 1979 eine Art Austauschprorgamm für Familien ins Leben zu rufen. So fanden die oben genannten Länder zueinander und Burkina Faso kam quasi als gemeinsames Projekt dazu. Derzeit sind es in Frankreich ca. 40 Familien, die Urlaube bei anderen Netzwerkmitgliedern verbringen und die sich auf diese Weise intensiv mit den Gegebenheiten ihrer Gastländer vertraut machen können.

Marie-Claudes Interesse liegt seit vielen Jahren speziell in der Unterstützung von Burkina Faso. Es gibt eine Reihe von Projekten, die ihr am Herzen liegen und sie scheint eine Meisterin des Geldauftreibens zu sein. Sie hat eine Schule gebaut, die auch nach ihr benannt ist, sammelt medizinisches Gerät für Kliniken und betreibt Lobbying für die Ausbildung von Mädchen. Dafür gibt es mittlerweile eine spezielle Patenschaft, 45 Familien übernehmen mit 125 € jährlich – für fünf Jahre – das Schulgeld und die Kosten für Bücher, Hefte und das Mittagessen. Auch landwirtschaftliche Initiativen gibt es, dafür verkauft sie Blumen mit dem Slogan „We sell flowers in France to plant trees in Burkina Faso“. Alle Projekte laufen über professionelle Hilfsorganisationen sowohl in Frankreich als auch vor Ort. Zwei mal jährlich reist Marie-Claude nach Burkina Faso, um sich ein Bild von der Situation zu machen und neue Ideen zu sammeln.

Natürlich, Marie-Claude lebt in der Normandie, aber ihr Herz gehört der Bretagne, ihrer Heimat und sie bezeichnet sich selbst als „typisch“: hartnäckig, fast stur, eigenwillig und freiheitsliebend. Dabei huscht ein verschmitztes Lächeln über ihr Gesicht, die Lachfältchen rund um ihre Augen verleihen ihr eine jugendliche, sehr lebendige Ausstrahlung.

It is good for Burkina Faso to have people like you are, Marie-Claud, it was a pleasure and honour meeting you, hope to see you again in Brittany!

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