San Erasmo. 700 EinwohnerInnen. 3,3 Quadratkilometer. Viel Grün.

Für eine Venedig-Anfängerin ist schon die Aufgabe, vom Bahnhof St. Lucia nach San Erasmo zu fahren, nicht so einfach zu lösen. Der Anblick des Vaporettoplans löst Krampfanfälle in beiden Gehirnhälften aus und meine Nackenmuskulatur wird durch die für die Entzifferung der Endstationen notwendigen Verrenkungen auch nicht besser. Um die Sache zu verkürzen und nicht allzu peinlich aussehen zu lassen: nach 2stündiger Vaporettofahrt – durchaus wunderschön, aber leider gar nicht zielführend – standen der müde Onkel und ich wieder am Ausgangsort. Ich gab auf und wartete in der nächsten Bar auf den Zug aus Klagenfurt. Nein, nicht um in Richtung Heimat zu flüchten, sondern um mich den weiteren SeminarteilnehmerInnen anzuschließen, die mit der Bahn nach Bella Venezia kamen. Unter ortskundiger Führung war dann alles kein Problem. Wiewohl wir eine ungeplante Routenänderung bewältigen mussten, die einen Umsteigekaffee in Murano zur Folge hatte.

Je weiter das Vaporetto mit der Nr. 13 uns durch die Lagune schipperte, desto merklicher entfernten wir uns von den üblichen Touristenpfaden. An der Station ….. waren wir dann die einzigen Fahrgäste, die das Boot verließen. In Sichtweite Venedigs herrschte eine unglaubliche Stille, rundum war alles grün, als einsamer Zeuge der Zivilisation stand ein Rettungswagen an der Haltestelle. Und natürlich der Hotelbus, der uns die 500 Meter zum Il Lato Azzurro brachte. Die einzige Straße der Insel hat Dimensionen als wäre sie Teil eines Verkehrskindergartens. Ich wunderte mich ein bisschen, denn San Erasmo ist Venedigs Gemüsegarten und es stellte sich die Frage, wie denn hier die LKWs mit der Ware zurecht kommen.
Die Antwort ist einfach. Die lokalen LKWs sehen folgendermaßen aus:

Das Problem der Insel ist nämlich, dass es keine Fährverbindung gibt und keine Autowerkstatt, was in der Praxis bedeutet, dass für jede Reparatur und auch für’s Pickerl das Fahrzeug auf ein Frachtschiff geladen werden muss. Kosten: 900€
Daher hält man die Autos so klein und einfach wie möglich, ich denke unser Hotelbus ist eines der größten Fahrzeuge hier. Und der Rettungswagen natürlich, der die Verletzten oder Kranken zur Vaporettohaltestelle bringt, wo dann das Ambulanzboot den weiteren Patiententransport übernimmt.

Allgemein gilt, dass sich der Alltag auf der Insel nach den Vaporettozeiten richtet. Alles, was über das selbst Produzierte hinaus benötigt wird, muss mühsam mit dem Schiff gebracht werden. Es gibt zwar für die rund 700 Bewohner noch einen Greißler, aber dessen Sortiment ist sehr beschränkt.
Gemüse und Obst gibt es allerdings in Hülle und Fülle. So wie die Plantagen und Glashäuser aussehen, dürfte nur wenig oder eher gar kein Gift zum Einsatz kommen.

Noch auf dem Feld.
Der gesellige Teil der Verarbeitung.
Das Endprodukt.

Jedes Fleckerl ist landwirtschaftlich genutzt, Touristen gibt es fast keine. Zumindest nicht im herkömmlichen Sinne, denn am Wochenende bevölkert sich der kurze Sandstrand an der dem Mittelmeer zugewandten Seite der Insel mit hunderten Venezianeren, die hier Sonne und Meer und die einzige Bar weit und breit genießen. Man kommt entweder mit dem Vaporetto oder mit unzähligen kleinen Booten, die je nach Brieftasche mit mehr oder weniger starken bzw. lauten Antriebssystemen ausgestattet sind. Auch Muskelkraft kommt dann und wann zum Einsatz. Das Wasser ist ganz seicht, sich an die ausgesteckten Fahrrinnen zu halten, ist eine ziemlich gute Idee, sonst steckt man schneller fest, als man Ciao sagen kann. Und so, wie bei uns die Jugend mit den auffrisierten Mopeds herumdüst, zischt halt hier der hoffnungsvolle Nachwuchs per Boot zum Date oder ins Kaffeehaus am Lido. Meine Frage, wo die denn alle parken, ist noch nicht zu meiner restlosen Zufriedenheit geklärt.

Das Hotel bildet ein ideales Umfeld für unsere Fortbildung. Es hat nur 15 Zimmer und das viele Grün rundherum wirkt beruhigend oder auch anregend, je nachdem, was grad gefragt ist 🙂

Fortsetzung folgt, ich muss das 16 Uhr Vaporetto erwischen!

7 Antworten auf „San Erasmo. 700 EinwohnerInnen. 3,3 Quadratkilometer. Viel Grün.“

  1. Wow! Das hört und schaut sich ja alles sehr entspannt und fein an! Ganz liebe Grüße an die mutige Reisende und an bella Italia… mögen Dich die Lebenswellen noch an viele weitere schöne Orte mit herzlichen Leuten spülen! ☼ Lissa

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