Horizont?

Erweiterung!

Aber Achtung: es wird einen Einstiegstest geben, der sich als echte Hürde erweisen kann. Bitte bereitet Euch gut vor!
Horizont?

Erweiterung!

Ich habe versprochen – entgegen meiner gestrigen Ankündigung – doch nicht ganz im Blog-Schweigen zu versinken.
Daher gibt es hier bis auf weiteres doch zu mindest ein Foto des Tages.
Manchmal ist die richtige Entscheidung, auch bei großer angebotener Vielfalt, ganz einfach!
Liebe Freundinnen und Freunde!
Die letzten 10 Tage sind angebrochen und für mich beginnt nun eine sehr private Zeit der Abschiede und der Wiedersehen.
Aber natürlich kann ich diesen Blog jetzt nicht einfach so formlos und ohne jede Vorwarnung schließen, denn es gibt nach drei Monaten on Tour mit mir selbst und auch mit Euch noch einiges zu sagen.
Daher schaut bitte – wenn Ihr wollt – am 31. Oktober wieder hier vorbei. Ich würde mich freuen!
Alles Liebe einstweilen,
Eure Sabine

Na, was sagt Ihr zum von mir nunmehr seit drei Tagen angestarrten Plafond? Sehr schön, oder?
Neuigkeiten folgen, sobald es welche gibt.
Folgendes wäre geplant gewesen:
Meinen ersten Kaffee trinke ich auf der Piazza Garibaldi und freue mich an der Begeisterung der netten Kellnerin über meine neuen italienischen Vokabeln. Dann spaziere ich an die Brenta und packe mein Frühstück aus. Lesend verbringe ich die nächsten Stunden, bis es Zeit wird, mich mit Carlotta am Golfplatz zu treffen. Nein, wir wollen nicht spielen. Ich darf bei der Olivenernte helfen, am und rund um den Platz gibt es 600 Bäume, die bis Freitag abgeerntet sein müssen, damit die Früchte pünktlich in der Presse sind. Carlotta hat ein Baby und ist auf die Hilfe von Freunden angewiesen.
Danach gehe ich um eine wunderbare Erfahrung reicher wieder nach Hause und gönne mir in der kleinen Bar in meinem Haus einen Belohnungs-Aperitivo.
Es hätte so schön sein können.
In Wirklichkeit wache ich mit glühenden Halsschmerzen auf. Schleppe mich in die Küche und kontrolliere bzw. rationiere meine Vorräte. Zwei Tage kann ich überleben, auch wenn meine Menüs wohl eher schräg zusammengestellt sein werden!
Naja, vielleicht nicht gerade täglich, aber seltsam ist es schon. Da komme ich gerade aus Spanien mit seinem Katalonien-Wahnsinn und prompt stolpere ich hier im beschaulichen Städtchen Bassano del Grappa über das nächste Referendum.
Auf der Piazza Garibaldi, einem zentralen Platz in der Altstadt haben die AktivistInnen ihren Werbestand aufgebaut.

Ich habe noch keine Ahnung, worum es eigentlich geht, als ich mein übliches “Good morning, I am Sabine from Austria, does anybody speak english?“ in die Runde trällere. Der Irgendjemand heißt Elena und streckt mir freundlich die Hand zum Gruße entgegen. Es ist noch früh am Morgen, keine Kundschaft in Sicht, daher ist reichlich Zeit, eine Unwissende aufzuklären. Am 22. Oktober wird es ein Referendum zur Autonomie für den Veneto geben. Mein Entsetzen muss mir anzusehen sein. “Was, Ihr wollt raus aus Italien?“, frage ich nach. Nein, nein, beteuert Elena, sie wollen einfach über bestimmte Themen selbst entscheiden dürfen. Der Veneto gehört zu den reichsten italienischen Provinzen und zahlt Unmengen an Steuern nach Rom. Zurück kommt fast nichts, außer Vorschriften. So wie Alto Adige hätten sie es gerne, Autonomie in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Verkehrsinfrastruktur.

Was Rom vom Referendum hält, möchte ich wissen. Elena – eigentlich Anwältin für Zivilrecht – grinst breit. “Es ist unser Recht, eine Volksbefragung durchzuführen und es ist eine Premiere. Rom sagt gar nichts dazu, steckt den Kopf in den Sand! Wir haben einen Finanzplan, alles ist gut vorbereitet.“

Ich frage sie, was eine gute Wahlbeteiligung wäre. Elena zögert und berät sich kurz mit ihren Kollegen. “Wir haben 6 Millionen Einwohner. Wenn 2,5 Millionen zum Referendum gingen, wäre das eine tolle Verhandlungsbasis.“
Am 22. Oktober werden wir es wissen!
Booking.com ist neben Airbnb meine Buchungsplattform für diese Reise. Offensichtlich hat dort jemand entschieden, es sei Zeit, mich nach Hause zu locken.

Dem Prosecco beim Kühlen in der Brenta zusehen.

Frühstücksplatzerl richten.

Auf den Troubadour freuen.

Ich wünsche Euch einen schönen Sonntag und Österreich ein gutes Wahlergebnis!
Bassano del Grappa ist eine sehr alte Stadt. Als ich das von meiner Vermieterin zu Verfügung gestellte Fahrrad sehe, weiß ich, dass ich mich damit sehr stilvoll an die Gegebenheiten anpasse. Es muss wohl aus den 60er-Jahren sein, das Jahrhundert ist allerdings unklar. Bremsen waren damals jedenfalls noch nicht erfunden, aber egal. Ich mache mich nach einem hausfraulichen Vormittag – Waschmaschine! – auf den Weg, um den laut Google sehr nahe liegenden Golfplatz zu erkunden. Leider geht es bald ziemlich abwärts Richtung Fluss, weshalb ich mein Rad schieben muss, um nicht in Lebensgefahr zu geraten.
Hätte ich nicht schieben müssen, wäre mir der Markt nicht aufgefallen und mein Tag wäre wohl anders verlaufen. Denn mitten im samstäglichen Markttrubel gerate ich in die Parata della Frutta. Irgend welche Assoziationen dazu? Mitte Oktober+Früchte=Erntedank! Aber irgendwie sieht die Prozession nicht sehr katholisch aus.

Zu Klezmer-Klängen und italienischen Volksliedern ziehen sie durch die Stadt und sammeln Früchte, indem sie bunte Tücher aufspannen und die Menschen auffordern, Obst hineinzuwerfen. Die Mannen an den Megaphonen leisten ganze Arbeit.

Fenster öffnen sich!

Und die gespendete Orange landet wohlbehalten im Tuch.

Auch die Marktstandler geben mit Freude.

Derweilen die Musikanten die Kundschaft unterhalten.

Aber auch in stillen Hinterhöfen macht die Parade halt.

Ich entdecke ein mir bislang unbekanntes Musikinstrument und erfahre von Enrico, dass es sich um eine nach ihrem Erfinder benannte Stroh-Geige handelt.

Und weiter kommt das Obst geflogen, die Körbe füllen sich!

Aber bitte, WOZU der ganze Aufwand? Ich finde den Projektleiter, Mattia, seines Zeichens Wissenschaftler an der Uni Venedig im Bereich Stadtentwicklung. Ein halbes Jahr lang hat er sich mit einer Ecke von Bassano beschäftigt, um die es still geworden ist. Immer weniger BewohnerInnen, kein Zuzug. Dabei ist es wunderschön in der Gegend des alten Hafens rund um die Piazza di Brenta.


Und die Aussicht!

Am Abend gibt es dort ein Grätzel-Fest mit Musik und kleinen künstlerischen Einlagen. Es ist der Höhepunkt und Abschluss des Projektes.




Aus den Früchten wurde gemeinschaftlich Obstsalat für alle Gäste geschnipselt.

Ich erwische Mattia noch schnell, bevor das Fest richtig durchstartet und ich aufgrund der schnell einsetzenden Dunkelheit nicht mehr fotografieren kann.

Ob er zufrieden ist, will ich wissen. Er nickt zustimmend und verweist auch auf die Website. www.piazzadibrenta.at.
Es war das Ziel, den Stadtteil zu beleben, die Menschen zusammen zu bringen und das ist mehr als gelungen! Fortsetzung wird es keine geben, jetzt müssen die BewohnerInnen selber schaun, was sie aus den Fäden, die man ihnen in die Hand gegeben hat, weiterspinnen…
Und ich bekam Wald.
Doch zunächst musste ich die Brenta überqueren…

… mich für die richtige Richtung entscheiden…

… beruhigende Hinweise zur Kenntnis nehmen…

… einladenden Bushaltestellen widerstehen…

… und schließlich erkennen, dass man nicht alles verstehen muss.

Aber dann folgte die Wunscherfüllung!
Wald mit Frühstückspicknicksaussicht:

Wald mit verfallenen Häusern:


Wald mit verstecktem Altar:

Wald mit deplatzierter Kirchenbank:

Wald, der sich lichtet:

Wald, der noch mehr Aussicht freigibt:


Und schließlich Wald, der mich wieder zurück begleitet:

Dass dieser Wald mir die Begriffe Trittsicherkeit und Schwindelfreiheit neu erklären würde, wusste ich zum Glück vorher nicht. Vielleicht hätte ich mir auch leichter getan, wenn ich gleich, als ich den von irgend jemandem zurück gelassenen Wanderstock in Besitz genommen hatte, genau geschaut und dann festgestellt hätte, dass er an einem Ende gut zugespitzt war. So habe ich das gute Stück den ganzen steilen Abstieg lang verkehrt herum gehalten. Stellenweise ging es so bergab, dass Maschendrahtzaun ausgelegt war, um die Abrutschgefahr zu verringern.
Als Trost für die ausgestandenen Ängste versorgte mich der Wald mit einem herrlichen Abendessen.

Am Ende des Waldes kam der Fluss:


Die Brenta erwies sich als qualitativ einwandfreier Glühfusskühler:
