Sabines Pause

Soeben bin ich in San Erasmo angekommen, meiner Heimat für die nächsten paar Tage.

Seminarbeginn ist um 17 Uhr und damit ich mich voll und ganz auf meine Arbeit konzentrieren kann, wird mein Blog bis Donnerstag ein bissl vernachlässigt werden. Ab und zu ein Foto, vielleicht…

Spätestens ab Freitag wird wieder gebloggt, ich hoffe, Ihr bleibt mir treu!
Ciao, Eure Sabine

Zimmer mit Garten, einfach schön.

Platz für die Kunst!

„Wie ist das Leben in Nizza denn für einen freischaffenden Maler?“, frage ich den konzentriert an einem großen Acryl-Gemälde arbeitenden Paulin. Das Bild lehnt an einer Hausmauer gegenüber seinem kleinen Atelier, mitten in der Altstadt. Die Tür steht weit offen und ist vollgepflastert mit Zeitungsausschnitten.

Paulin lässt sich wider Erwarten gerne von mir ablenken, allerdings haben wir ein Problem: uns fehlt die gemeinsame Sprache. Und mit Händen und Füßen ist meine zugegebenermaßen nicht besonders originelle Frage wohl kaum zu beantworten. Aber Paulin freut sich sehr über mein Interesse und so holen wir Tanja zu Hilfe, seine Frau. Sie ist Russin und ihr Englisch auf meinem Niveau – dazu kann sich jetzt jeder vorstellen, was er gerne möchte :-).

Wir treffen uns zum Interview in einem der Cafés auf der kleinen Piazza, gleich neben meiner Wohnung. Zum Einstieg erkläre ich natürlich, wer ich bin, was ihn nicht darin hindert, mich seinen vorbeibummelnden Freunden als Jornalistin aus Österreich vorzustellen.

Eigentlich war Paulin ja Profifußballer im albanischen Nationalteam, bevor er mit 20 Jahren aus der Armee desertierte. Über Griechenland schlug er sich nach Paris durch, wo er ein Kunststudium begann. Als er davon erzählt, beginnt er sich tatsächlich das Haar zu raufen.

„Sie wollten mir TECHNIK beibringen, das war eine Katastrophe! Ich fürchtete um meinen Stil und hörte sofort wieder auf zu studieren.“ Als ich ihn nach seinen Vorbildern frage, kann ich aus Tanjas breitem Grinsen die Antwort erahnen. Chagalls Farben sind schön, gibt er zu, aber sonst liebt er nur seine eigene Einzigartigkeit und ist stolz darauf, Autodidakt zu sein.

Frankreich findet er als Wirkungsstätte für einen Künstler ganz furchtbar, er würde jungen Malern auf jeden Fall raten, das Land zu verlassen. Engstirnig sei es hier und alle würden immer nur groß reden, aber nichts auf den Boden bringen. Australien wäre toll, allein diese Weite! Paulin schimpft ausgiebig vor sich hin, Tanja rollt ein bißchen die Augen, das Thema ist ihr wohl nicht ganz neu. Als ich später nachfrage, warum er eigentlich noch nicht in Austalien lebt, sieht er mich etwas verständnislos an und meint, dort wären zu wenige Menschen für seine Art von Kunst.

Paulin Nikolli hat es durchaus zu einem gewissen Bekanntheitsgrad gebracht, nicht zuletzt, weil er in einem Video, das die New York Times über Nizza produzierte, als Vertreter der bildenden KünstlerInnen der Stadt ausgewählt wurde. Immer wieder hat er Ausstellungen und auch bei Auktionen gibt es Erfolge. Wir schlendern zurück zum Atelier und ein paar Minuten später unterhält er sich schon wieder angeregt mit zwei amerikanischen Touristinnen. Ich denke, man muss kein Prophet sein um zu wissen, dass Paulin Nizza erhalten bleibt!

Über Entscheidungen, Gerüche und galvanisierte Kirchen

„Na, was hat Dir besser gefallen? Quiberon oder Nizza?“, fragt die innere Stimme, so aus dem Hinterhalt, mitten während des Frühstücks in meinem Stammcafé am Markt. Morgen ziehe ich weiter nach Venedig und ich spüre schon leichte Abschiedssentimentalität.

„Lass mich in Ruhe, so eine Frage ist doch vollkommen absurd, denk an die Geschichte mit den Äpfeln und den Birnen!“

„Aber DU bist doch diejenige, die ihr Umfeld ständig mit solchen Fragen quält, also streng Dich an, das kann doch nicht so schwer sein.“

Ist es aber, schwer nämlich. Als es mich nach Quiberon verschlug, kam ich ohne jede Erwartungshaltung. Ich wusste nichts. Am Ende wurde daraus ein heftiger Urlaubsflirt, leidenschaftlich und voller wunderbarer Eindrücke, der Abschied ein bisschen traurig, vielleicht sehen wir uns ja wieder.

Aber Nizza, das kennt man doch! Schicki-Micki, tolle Promenade (die mit dem furchtbaren Anschlag vor 2 Jahren), teures Pflaster, am Strand lauter braungebrannte Schönheiten mit Beinen bis zum Hals, bunten Cocktails in den Händen und Suiten in Nobelhotels. Jedes Fleckchen ist vollkommen überlaufen mit deutschen und englischen Touristen, dazwischen ein paar genervte Einheimische, die mit Menschen, die kein Französisch sprechen, sowieso nichts zu tun haben wollen. Ein bissl Luxus-Caorle, oder?

Mit diesem profunden Bild meines Reisezieles stieg ich am Montag in den Zug Richtung Süden. „Du wirst sehen, Nizza riecht anders“, verspricht mir kryptisch meine Reisegefährtin Sophie. Sie ist aus Antibes und steigt eine Station vor mir aus.

Nach drei Tagen in dieser Stadt sind alle meine Vorurteile zerbröselt. Am Schönsten zu beobachten und zu spüren, ist der entspannte, wohlwollende Umgang miteinander. Es scheint, als wäre Stress hier ein Fremdwort. Auch im größten Abendtrubel ist’s ein gemütliches Schlendern, ein freundliches Lächeln oder ein kurzer Tratsch oft inklusive. Luxus-Barbies waren noch keine zu sehen und teuer ist es offenbar in Graz. Hier jedenfalls nicht.

Mein Appartment liegt mitten im Herzen der Altstadt und ist bezaubernd (… danke, lieber Clemens… danke). In den engen Gässchen geht jede Nacht die Post ab, ich genieße diesen Trubel genau so, wie die morgendliche Stille am Strand. Einsam ist es auch hier nicht, ich treffe täglich beim Morgenschwumm die gleichen Leute. Da wären z.B. die beiden Männer, die sich auf dem Weg ins Büro Zeit nehmen für einen Tratsch im Wasser. Oder die Großmutter samt ca. 10jährigem Enkel, die immer ziemlich lange plantschen. Richtig geschwommen wird hier eigentlich nur von echten Sportlern, die parallel zur Küste ihre Bahnen ziehen, der Rest treibt gemütlich im Wasser herum, das ganz schnell tief wird und irgendwie kraftvoll daherkommt. Ich bin schwimmtechnisch auch überfordert und schließe mich dem kollektiven Plantschen an. Wacken ist vielleicht die noch bessere Bezeichnung. Der Strand ist übrigens schmerzhaft kieselig, nix mit feinem Sand, wer keine sexy Badeschuhe trägt, stolziert im Storchenschritt, wie auf rohen Eiern, was es wohl nur subjektiv leichter macht.

Den ganzen Tag und und bis tief in die Nacht wogt ein nie abreißender Strom an Flanierern die kilometerlange, wirklich prachtvolle palmengesäumte Promenade auf und ab. Dazwischen, wie an allen neuralgischen Punkten der Stadt, schwerst bewaffnete martialisch wirkende Viererteams, die das Treiben beobachten und das Gefühl vermitteln, besser keinen Kaugummi platzen zu lassen, das könnte böse enden. Auch eine Reihe von baulichen Maßnahmen soll helfen, Attentate zu verhindern und man fühlt sich tatsächlich sicher.

Nein, Nizza ist kein Urlaubsflirt, sondern eine Stadt, in der man sich ein Leben vorstellen könnte. Der Funke ist übergesprungen, so wie damals in Graz, im Mai 1979 :-). Ganz viel spricht mich an, beginnend bei der Größe – 330.000 EW – über die lässige, entspannte Stimmung, dem guten Miteinander und den vielen Möglichkeiten bis hin zur herrlichen großen Badewanne direkt vor der Nase, samt mildem Klima. Als ich gestern in Monaco (Mischung aus Freilichtmuseum und Zoo. Mehr ist aus meiner Sicht dazu nicht zu sagen. Obwohl: das ozeanographische Museum ist echt gut. Und der oben-ohne Touribus braust in einem Höllentempo durch die vielen Tunnel der Stadt, die sehr naturbelassen felsig sind. Das weckt Geisterbahnassoziationen und ich musste mich sehr beherrschen, nicht vor Begeisterung zu quietschen. Aber deshalb muss man nicht nach Monaco fahren) in den Zug stieg, dachte ich, wie froh ich wäre, gleich wieder zu Hause zu sein. So sehr hat die Stadt mich für sich eingenommen. Ob ich wieder einmal alles durch die rosa Brille sehe? Das kann schon sein, aber warum denn nicht, bitteschön?

Am Schluss noch ein kleines Besichtigungsschmankerl: in einer Kirche in der Altstadt – um welche es sich handelt, wird verschwiegen, ich möchte niemanden beleidigen – liegt ein Zettel mit der Beschreibung des Innenlebens auf Deutsch zur Entnahme für 20 Cent. Unter der Überschrift „Baptismal Fonds“ steht geschrieben: Sie werden sofort nach rechts in das Heiligtum entfernt. Vergeblich gesucht habe ich nach „Die kleinen Haufen“, dabei ist die Beschreibung derselben durchaus spannend: „Es hat ihren Umfang durch die Reibung der Hände von Generationen von Anhängern verwendet.“ Und bitte was kann man in einer Kirche „dauerhaft ausgeübt galvanisieren“ ?

Stadtstrand vor Sonnenaufgang
Am Abend…

Einmal Umfallen und schon ist man im Wirtshaus.

Sophie hat Recht, Nizza riecht anders. Frisch und mild zugleich, nach Sonne und Strand, frischem Weißbrot, Gewürzen, gebratenem Fisch und nach Meer. Venedig, ich komme, aber Du hast es jetzt echt schwer mit mir!

Zu viel an allem.

Heute war ich in Monaco. Es es war so viel zuviel an allem und so viel Unnützes, dass ich mich für ein Dinner im Supernobelrestaurant entschieden habe: am Strand von Nizza, im Sonnenuntergang, ein bissl Baguette, ein paar Oliven. Etwas Käse und dazu Rotwein aus der Provence.

Mehr an Impressionen folgen morgen…

Marie-Claude

Habe ich schon erwähnt, dass es sich bei den Auberges de Dunes (Stichwort: Frauenschlafsaal) um eine Jugendherberge handelt? Tatsächlich habe ich den Alterschnitt ein wenig gehoben und Marie-Claude hat mich dabei tatkräftig unterstützt. Es war schon überraschend, eine Dame wie sie in diesem Umfeld zu treffen. Sie hatte zwar ein Einzelzimmer, aber wir fanden uns an meinem ersten Morgen im Frühstücksraum und kamen nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sie Englisch-Lehrerin gewesen war, schnell ins Gespräch. Es war eine typische Kennenlern-Unterhaltung samt systematischer Abarbeitung der Standardfragen, bis wir auf unsere bevorzugten Reiseländer zu sprechen kamen. Marie-Claude erwähnte Polen, Italien, England, Deutschland sowie Burkina Faso und das ist – wiewohl ehemalige französische Kolonie – doch sicher kein klassisches Urlaubsland für rüstige Pensionistinnen. Ich fragte nach und erfuhr die Geschichte von „Europe Inter Echanges Plateau EST de Rouen“.

Max Martinez, Bürgermeister einer Kleinstadt in der Nähe von Rouen, und seine Frau Marie-Claude sind zutiefst überzeugt von dem, was wir Europäische Idee nennen. Aus dem Streben nach tieferem Wissen um die kulturellen Unterschiede, Besonderheiten und auch Gemeinsamkeiten, beschlossen sie im Jahr 1979 eine Art Austauschprorgamm für Familien ins Leben zu rufen. So fanden die oben genannten Länder zueinander und Burkina Faso kam quasi als gemeinsames Projekt dazu. Derzeit sind es in Frankreich ca. 40 Familien, die Urlaube bei anderen Netzwerkmitgliedern verbringen und die sich auf diese Weise intensiv mit den Gegebenheiten ihrer Gastländer vertraut machen können.

Marie-Claudes Interesse liegt seit vielen Jahren speziell in der Unterstützung von Burkina Faso. Es gibt eine Reihe von Projekten, die ihr am Herzen liegen und sie scheint eine Meisterin des Geldauftreibens zu sein. Sie hat eine Schule gebaut, die auch nach ihr benannt ist, sammelt medizinisches Gerät für Kliniken und betreibt Lobbying für die Ausbildung von Mädchen. Dafür gibt es mittlerweile eine spezielle Patenschaft, 45 Familien übernehmen mit 125 € jährlich – für fünf Jahre – das Schulgeld und die Kosten für Bücher, Hefte und das Mittagessen. Auch landwirtschaftliche Initiativen gibt es, dafür verkauft sie Blumen mit dem Slogan „We sell flowers in France to plant trees in Burkina Faso“. Alle Projekte laufen über professionelle Hilfsorganisationen sowohl in Frankreich als auch vor Ort. Zwei mal jährlich reist Marie-Claude nach Burkina Faso, um sich ein Bild von der Situation zu machen und neue Ideen zu sammeln.

Natürlich, Marie-Claude lebt in der Normandie, aber ihr Herz gehört der Bretagne, ihrer Heimat und sie bezeichnet sich selbst als „typisch“: hartnäckig, fast stur, eigenwillig und freiheitsliebend. Dabei huscht ein verschmitztes Lächeln über ihr Gesicht, die Lachfältchen rund um ihre Augen verleihen ihr eine jugendliche, sehr lebendige Ausstrahlung.

It is good for Burkina Faso to have people like you are, Marie-Claud, it was a pleasure and honour meeting you, hope to see you again in Brittany!

Palourde! Palourde!

Samstag abend im Hostel. Ich mache es mir gerade mit meinem Lapin – aus dem Kühlregal im Supermarkt, nicht aus dem Streichelzoo – und einen Glas Rose in der Gemeinschaftsküche gemütlich, als Marie-Claude (bitte merken, sie wird ganz prominent noch einmal in Erscheinung treten) von ihrem Einkaufsbummel nach Vannes zurück kommt. Voller Freude zückt sie ihr Taschenesser und holt aus einem Plastiksackerl eine frische Muschel, deren Schale sie öffnet und mir sodann feierlich überreicht: Palourde!

Ich muss zugeben, sie hat geschmeckt. Nach dem Meer meiner Kindheit, nach Camping und Schnorcheln und Pinienwäldern… es ist eine Freude, Marie-Claude bei ihrem Festmahl zu beobachten, wie sie fast liebevoll eine Muschel nach der anderen knackt. Sie isst sie vollkommen pur, ohne Zitrone oder Brot. Vielleicht hätte sie ja ein Glas Wein gemocht, aber leider gibt es außerhalb der Öffnungszeiten der Rezeption keinen Nachschub.

Als ich am nächsten Morgen zu Beginn meiner Ostküstenwanderung den ersten Blick über die Düne werfe, ist das Meer verschwunden. Naja, nicht ganz. Weit draußen glitzert es friedlich und leicht silbrig, das Niedrigwasser legt ein großzügiges Watt frei, in dem sich hunderte gebückte Menschen tummeln, die auf der Suche nach – ja wonach eigentlich? – im Sand bzw. In den Wasserlacken herumstochern und -rühren.

Ein sportlich aussehender Mittdreissiger lässt mich in sein gelbes Kübelchen, das mit einem Netz ausgelegt ist, blicken. Eine Handvoll Palourde lachen mich an! Als ich ihn bitte, mir zu zeigen, wie er die Muscheln findet, reagiert er empört. NO, Madame, it’s a SECRET, I found them with my eyes!!! In seiner Stimme schwingen drei Rufzeichen. Um seine Feststellung noch zu untermauern, deutet er mit gespreiztem Zeige- und Mittelfinger auf seine Augen. Meine Überraschung kann man sich vorstellen. Mit den Augen, wer hätte das gedacht.

Brigit (wie die Bardot, sagt sie lachend) lässt mich zusehen. Es sind die Löcher Boden, an denen zu erkennen ist, wo Palourde zu finden sind. Da sind verdammt viele Löcher und für mich sehen sie alle gleich aus. Gleich wie bei Mr. Strenggeheim liegt auch in ihrem Kübel nur die Ausbeute für den Gruß aus der Küche. Es ist ein schlechtes Jahr heuer, die Palourde sind lieber weiter im Süden.

Die Grabungsmethoden sind durchaus unterschiedlicher Natur. Manche starren minutenlang reglos auf den Boden um dann blitzartig mit einer Art großer Gabel loszulegen. Andere ziehen die großflächige Abtragung der obersten Sandschicht vor. Das Ergebnis ist überall ähnlich.

Da sehe ich einen Ausreißer, der mit einer Mistgabel quasi den Meeresboden umsticht, assistiert von seiner Frau, die im ab und zu den Kübel hinhält, damit er seine Beute los wird. Sehr gespannt pirsche ich mich an. Ist das die Perfektion der Palourde-Jagd?

Grinsend hält mir Bernard seine offene Hand entgegen – auf der sich die scheuslichsten Würmer rekeln, die ich je gesehen habe.

Arenicole heißen die Biester und sie sind perfekte Köder für Doraden, erklärt mir Jaqueline, die es sichtlich auch graust. Aber was tut man nicht alles für ein feines Sonntagsessen!

Eingeständnis der Überforderung.

Je näher ich in diesem Stückchen Erde und seinen Menschen gekommen bin, desto weniger wird mein Geschreibsel dem gerecht, was sich hier auftut.

Man müsste doch über die Geschichte der Halbinsel Quiberon schreiben, über die rätselhaften Menhire und die Frage, was zwischen der Zeit der Steinformationen und der Herrschaft der Römer eigentlich passiert ist…

Es gäbe so viel zu sagen über die Bewohnerinnen und Bewohner der Bretagne, die mit ihrer in Frankreich sprichwörtlichen Sturheit den Bau von Betonburgen und Hochhäusern an ihrer Küste verhindern. Die der fragewütigen Dame aus “Otrisch“ immer freundlichst Auskunft gaben. Und die so deutlich und langsam mit mir französisch gesprochen haben, dass ich sie sicher verstanden hätte, wenn ich denn dieser Sprache kundig wäre…

Auch der Atlantik als riesengroße, begeistert genutzte Spielwiese für Wassersportler aller Art, ja, das wäre auch ein schönes Thema.

Über meine Wanderung entlang der Ostküste könnte ich ein Buch schreiben.

Aber eine Geschichte muss ich noch erzählen, sie hat eigentlich schon vorgestern abends in der Gemeinschaftsküche der Auberge de Dunes begonnen und sollte am Sonntag in der Früh eine überraschende Fortsetzung finden.

Die Halbinsel Quiberon – Westküste

Eine Halbinsel ist Quiberon nur aufgrund einer schmalen Sanddüne, dem ca. 150 Meter breiten Nadelöhr, das seit rund 1000 Jahren die Verbindung zum Festland bildet. Ganz speziell ist der angeblich große Unterschied zwischen Ost- und Westküste. Vorgestern habe ich die Westküste zu Fuß erkundet und festgestellt, dass sich die Küstentopografie alle paar hundert Meter verändert. Vom weitläufigen flachen Sandstrand bis zur schroffen Steilküste, die Vielfalt ist atemberaubend. Ein Blick auf google earth lohnt sich!

Im Ort Quiberon stolpere ich zufällig in genau jenes Geschäft, über das ich vorab schon irgendwo gelesen hatte. Die Gegend lebte früher vom Fischfang und die Methode, Fisch in Konservendosen haltbar zu machen, wurde angeblich hier erfunden.

In die Auslage hineinfotografiert!

De Hoop II

Mit ein wenig Verzögerung kommt nun auch noch der Zeeland-Beitrag „De Hoop II“ daher, aber schließlich ist Hektik ja auch das letzte Wort, das man mit den beiden Fährsleuten John und Toni assoziieren würde.

John war 14, als ihm sein Vater das Geld für ein Schiff namens De Hoop gab, und seitdem ist es sein Beruf, Menschen (und ihre Fahrräder) zwischen Kortegene und Wolphaartsdijk hin-und herzuschippern. Mit 19 hat er Toni kennen gelernt, seitdem sind sie gemeinsam an Bord und im Leben.

In der Hauptsaison ist Abfahrt um jeweils Punkt auf der einen Seite und um jeweils Halb auf der anderen. Die Fahrzeit beträgt 10 Minuten, d.h. es bleibt reichlich Zeit zum Be- und Entladen des Schiffes bzw. für einen Plausch mit den Passagieren. Hier ist Toni zuständig, die übrigens auch die Kapitänin des Schiffes ist und deren souveränes Ablegemanöver ich auf der Brücke bewundern durfte. Der Verkehr ist ziemlich intensiv auf dem Veersen Meer, die Stelle ist schmal es erfordert einiges an Geschick, sich hier gut durchzumanövrieren.

Links und rechts außerhalb des Fotos waren ganz viele Boote, ehrlich 🙂

Ob des denn schon einmal gekracht hat, frage ich? John lacht laut, nein, noch nie in 52 Jahren, kein einziger Unfall! Und wie ist es, wenn der Sturm bläst? Dann kommen ja eh keine Passagiere, sagt er und es klingt ein bissl mitleidig wegen meiner nicht sehr intelligenten Frage.

52 Jahre? Ich rechne schnell nach, er ist also 66, das sieht man ihm nicht an. Und was passiert, wenn die Touristen im Herbst verschwinden? Dann verlegen John und Toni ihren Wohnsitz ins Warme. Jetzt residieren sie schon seit sechs Jahren in Thailand, aber sie haben auch schon in Mexiko, Indonesien, Malaysia, Kambotscha, Vietnam und Laos gelebt. Ganz, wie es ihnen gefällt. „Dort bekommen die Dinge ein anderes Herz“, sinniert John am Ende unseres Gesprächs und ich frage nicht nach, was er meint, denn ich glaube es zu wissen. Als ich die De Hoop verlasse, denke ich an die Menschen, die ich im Rahmen von ASEA-Uninet kennen und schätzen gelernt habe. Nein wahrlich, unser westlicher Lebensstil ist nicht der Weisheit letzter Schluss.

Gute Reise!