Was geht hier vor?

In Padua gibt es bekanntlich keine Berge. Klettern diese Menschen deshalb nach unten, anstatt nach oben?

Oder handelt es sich gar um eine kriminalpolizeiliche Mordopfersuchaktion auf den Spuren des Dritten Mannes? Um eine Trainingseinheit der Paduesischen Nachwuchshöhlenforscher?

Ugo (1. v.l.n.r) weiß Bescheid und teilt sein Wissen großzügig mit mir.

Wir müssen ein wenig ausholen.
Diese Straße war zu römischen Zeiten ein Fluss.

Und wo es Flüsse gibt, haben die Menschen Brücken gebaut. So eben auch die Römer, daran erinnert der Name der Straße.

Eine dieser Brücken ist bestens erhalten und verläuft – logischerweise – quer über die Straße. Nein, falsch, der Fluss lag damals ja weit unter unserem heutigen Straßenniveau, daher muss man sich ein ordentliches Stück nach unten bemühen, um sie zu finden.
Und genau aus diesem Grund haben sich Archäologen, VertreterInnen der Stadtverwaltung und Journalisten getroffen, um gemeinsam vor Ort zu überlegen, ob man das historische Prachtstück nicht touristisch erschließen könnte. Ugo wiederum engagiert sich für “Comitato Mura di Padova“, einem Verein, der sich um die Erhaltung bzw. Freilegung der Stadtmauer von Padua kümmert, die mit 11 Kilometern eine der längsten in Italien ist. Aber auch andere Projekte, so wie die römische Brücke, werden unterstützt.
Es ist heute noch nicht absehbar, ob es jemals dazu kommt, dass das 2000 Jahre alte Bauwerk besichtigt werden kann, ohne dass Kletterausrüstung und Stirnlampe notwendig sind. Ich finde es jedenfalls spannend, nun zu wissen, was sich unter der Riviera dei Ponti Romani versteckt. Und Ihr wisst somit auch etwas, das in keinem Reiseführer steht!

www.muradipadova.it

Dottore! Dottore! Dottore!

Kein Grund zur Panik. Notärzte, lasst Eure Taschen zu, Hilfswillige, entspannt Euch. Wenn diese Rufe durch Padua schallen, obliegt die Einsatzleitung den Wirten, die eilig Tische zusammenrücken und Spritz Aperol in großen Krügen bereitstellen. Denn es ist Promotionstag an einer der ältesten und renommiertesten Universitäten Italiens. Ich habe keine Ahnung, wie das Zeremoniell in der Aula vonstatten geht, aber gefeiert wird herzlich unakademisch.

Allen AbsolventInnen gemein ist der Lorbeerkranz, den sie tragen, geschmückt mit roten Bändern, das restliche Outfit ist – je nach Temperament – sehr, sehr unterschiedlich, was ich anhand der folgenden Fotos zu beweisen versuche. Man möge mir die Qualität der Bilder verzeihen, meine Motive waren ein bissl schwer einzufangen. Auf jeden Fall ziehen die Gruppen und Grüppchen durch die Stadt und die frisch gebackenen AkademikerInnen werden von ihren Freundinnen und Freunden lautstark bejubelt: Dottore, dottore, dottore… der ganze Text findet sich im Internet samt köstlichen Videos auf YouTube.

Ein harmloses Beispiel.
Der Lorbeerkranz ist schon tiefergelegt, dafür strahlt seine Perücke umso bunter.
Es ist eine Sie.
Bitte zoomen. Im Hintergrund ist ein weiß gewandetes Wesen zu erkennen, das ein riesiges weißes Kreuz schleppt. Im Vordergrund links ist auch ein Lorbeerkranz zu sehen.

Das Beste kommt zum Schluss. Diese Frau Doktor musste im Kreise ihrer Lieben den Text des Plakates vorlesen und bei jedem Versprecher einen Schluck Prosecco trinken. Viel war am Ende nicht mehr in der Flasche!

Jill and George

Es ist schon wieder passiert. Da sitze ich vollkommen nichtsahnend bei einem Glas Wein in einer Bar in meiner Gasse in Padua und freue mich, nach der elendslanden Reise von der Provence über Marseille und Milano gut angekommen zu sein. Plötzlich sind sie einfach da, Jill und George (ihr richtiger Name ist Geraldine, aber sie hasste es, Jerry genannt zu werden) aus London. George hat ein Glas Grappa in der Hand und sinniert sehr konzentriert darüber nach, der wievielte das wohl sei. „It’s the third, isn’t it? “ „No, my dear, it’s the forth.“ Jill trinkt nichts, sie passt auf ihre heitere Freundin auf, die sich mir zuwendet. Wo ich denn herkäme? So nehmen die Ereignisse ihren Lauf, wir verabreden uns zum Dinner am nächsten Tag und ich lerne zwei großartige Frauen kennen, die eine tiefe Freundschaft verbindet.

Ursprünglich – vor 40 Jahren, als ihre gemeinsame Geschichte begann – waren sie Arbeitskolleginnen beim Londoner Wochenmagazin Time Out, Jill als Production Editor, George als Journalistin. Wobei George gelernte Schauspielerin ist, sie absolvierte an der Guildhall School for Music and Drama, musste aber aus gesundheitlichen Gründen zur schreibenden Zunft wechseln. Als es gröbere Schwierigkeiten mit dem Herausgeber von Time Out gab, machten sich die beiden mit 18 weiteren MitarbeiterInnen mit einem eigenen Magazin „City Limits“ (Namensgebend: Ike and Tina Turner) selbstständig, das als Kooperative geführt wurde. Die Geschichte ist in Wikipedia nachzulesen, weshalb ich hier nichts weiter dazu schreibe 🙂

Letztendlich gingen Jill und George beruflich getrennte Wege. Jill ist mittlerweile in Pension und bessert ihre Rente als Nanny auf, George arbeitet als freie Journalistin für die London Daily Mail. Hier der Link zu einem ihrer Artikel über Online Dating:
http://www.dailymail.co.uk/femail/article-4046288/Would-pay-bright-young-thing-500-love-online-One-65-year-old-woman-decides-go.html

Die Freundschaft ist ihnen geblieben, durch dick und dünn in 40 turbulenten Jahren. Ich frage sie nach ihrem Rezept. Immer füreinander da sein und über alles miteinander sprechen können. Das sei das Wichtigste. Sie wirken auf mich grundverschieden und doch ist da ein starkes Band der Zuneigung und des Wohlwollens. Einmal im Jahr fahren sie gemeinsam für ein paar Tage nach Italien, immer zu Georges Geburtstag am 10. Oktober. Und im Alltag treffen sie sich jeden Samstag zum Lunch. Mindestens.

Girls, it was a pleasure meeting you. See you again in London 2019!

Uuups, da war ich ja auch noch

Und zwar fast einen ganzen Tag lang. Ich serviere Euch eine kommentarlose Fotostrecke, das Guggenheim-Museum kann ich nicht beschreiben. D.h. können vielleicht schon, aber dann brauche ich noch ein paar Wochen Zeit 😀.

Hotspot Bahnhof Marseille

Eigentlich hatte ich gestern früh, als ich von Salon de Provence wegfuhr, nur einen großen Vorsatz: den Bus nach Milano zu finden. Das Bilbao-Desaster war noch zu frisch [dazu gibt es keinen Blog]. Als mein Zug im Bahnhof von Marseille einfuhr, hatte ich ein echtes Happening, denn mein Bus stand genau dort, wo ich ausstieg. Getrennt von mir nur durch einen lächerlichen Zaun, der in zwei Minuten zu umgehen war. Das bedeutete, alle Zeit der Welt zu haben für Kaffee und Wasser kaufen, herrlich.

Ein klassischer Fall von Denkste. Ich umwanderte forsch den Zaun, um erst einmal einzuchecken und den müden Onkel loszuwerden. Plötzlich fiel mir auf, dass das Verhältnis Zivilisten – Polizei ca. 1: 50 betrug und ich dachte mir, dass die gut aufpassen auf ihren Bahnhof. Da stellt sich mir – in Sichtweite des Busses – ein schwerstbewaffnetes Wesen entgegen und sagt: “No, Madam, Bomb Alarm.“ Er deutet auf einen einsam herumliegenden Koffer. Unbeaufsichtigtes Gepäckstück. Das kenne ich aus Israel. Ist ganz einfach. Gegend absperren und buff. Aber hallo, in der Gegend steht ja mein Bus! UND ICH WILL NACH MILANO. Der arme Soldat hat keine Chance, ich überzeuge ihn sehr schnell von der absoluten Notwendigkeit, mich passieren zu lassen, weshalb das Beweisfoto schon aus der Gegenrichtung aufgenommen wurde.

Ob ich Angst hatte? Keine Sekunde, ich war überzeugt von einem Fehlalarm. Instinkt? Vielleicht. Aber ich kann auch die beiden Asiatinnen verstehen, die in Panik davongelaufen sind.

Minuten später war der Spuk vorbei und der Besitzer im roten Anorak wohl heilfroh, dass er dem schon anwesenden Sprengkommando gerade noch zuvor gekommen ist!

Nur drei Fragen sind erlaubt

Fast einen ganzen Tag lang lässt er mich warten. Ich vertreibe mir die Zeit Kaffee trinkend, lesend, durch die kleine, ansehnliche Stadt bummelnd, bis endlich das ersehnte SMS aufblinkt. Der Meister wäre nun bereit, mich zu empfangen. Manchmal zahlt sich Hartnäckigkeit wirklich aus! Obwohl, ein bissl mulmig ist mir schon zumute, denn unsere Welten sind – gelinde gesagt – mehr als verschieden.

Sein Sekretär Jean öffnet mir persönlich das schwere Holztor. Während wir die steile, schmale Stiege in den 1. Stock zum Arbeitszimmer hinaufgehen, bekomme ich noch ein paar Verhaltensregeln mit auf den Weg. Ich möge dem Meister vor allem nicht widersprechen und ich möge auch die gebotene Demut an den Tag legen, ob der mir erwiesenen Ehre. Ich verspreche alles, nicht ohne hinter meinem Rücken die Finger zu kreuzen.

Jean klopft an die Tür und öffnet sie, ohne auf Antwort zu warten. Es ist dämmrig im Raum, vor dem einzigen Fenster erkenne ich seine Umrisse. Langsam dreht er sich um und kommt auf mich zu. Er ist kleiner, als ich erwartet hatte, aber ist das nicht oft so, bei berühmten Persönlichkeiten? Außerdem wirkt er ein wenig verschrumpelt, aber das ist ja auch kein Wunder. Nachdem er mich nur schweigend betrachtet, beginne ich mutig das Gespräch.

S: Grüß Gott, Herr Nostradamus, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für mich nehmen [wie platt klingt das denn jetzt??? Fällt mir wirklich nichts Besseres ein?!]

N: …

S: Ich weiß natürlich, dass Sie nur sehr selten Gäste empfangen und empfinde es als große Ehre, dass ich heute mit Ihnen sprechen darf.

N: …

S: [Na super, der mag mich nicht, was sag ich jetzt nur?? Gut, da hilft nur die Flucht nach vorne, Provokation ist angesagt.] Stimmt es, verehrter Meister, dass Sie Ihr Medizinstudium gar nicht beendet haben?

N: Sie haben ja keine Ahnung, wovon Sie sprechen!

S: [Juhuu, der Bahn ist gebrochen! Er spricht!] Ich weiß, dass die Zeiten schwierig waren.

N: Das ist ziemlich euphemistisch ausgedrückt. Woher beziehen Sie Ihr Wissen? Wikipedia, richtig? Sie langweilen mich unendlich. Machen wir es kurz, damit ich Sie schnell wieder los bin. Sie dürfen mir drei Fragen stellen und dann gehen Sie wieder dorthin, wo Sie hergekommen sind.

S: [Eingebildeter, alter Lackel, aber bitte…] Sie haben Ihre Prophezeiungen nicht in der damaligen Wissenschaftssprache Latein verfasst, sondern auf Französisch. Warum?

N: Ich habe schon geahnt, dass Latein irgendwann nicht einmal mehr die Sprache der Gelehrten sein würde. Mit Französisch war ich auf der sicheren Seite. So kann auch noch im 21. Jahrhundert jeder fröhlich an meinen Vorhersagen heruminterpretieren, hätte ich Latein verwendet, wäre ich längst vergessen.

S: Sie waren ja unglaublich vielseitig. Arzt, Apotheker, Astronom, Astrologe. Haben Sie eine besondere Beziehung zum Buchstaben „A“?

N: [Plötzlich wirkt er nicht mehr so gelangweilt!] Interessant. Sehr interessant. Ich werde mich diesem Thema in den nächsten 200 Jahren widmen. Ihre dritte und letzte Frage bitte.

S: Das ist jetzt aber ziemlich gemein. Ich bekomme keine Antwort, also kann die Frage auch nicht als solche zählen. [Hoffentlich schmeißt er mich jetzt nicht hinaus.]

N: Sie haben recht, auch wenn ich das nicht gerne zugebe. Wollen wir uns nicht setzen?

Er deutet auf zwei unbequem aussehende Holzstühle, während es sich Jean in sicherer Entfernung gemütlich gemacht hat.

S: [Pffff…..] Gut, dann komme ich jetzt zur 2. Frage. Ihre Kosmetiklinie war ausnehmend erfolgreich. Die Medici-Damen liebten Ihre Cremes! Würden Sie mir bitte die Rezepte geben, Sie können ja doch nichts mehr damit anfangen?

N: [lacht] Sie sind ja wirklich erfrischend. Sonst fragen immer alle Besucher nach meinen Prophezeiungen und wollen meinen Blick in die Zukunft, das nervt ziemlich. Immer dasselbe Thema, seit hunderten von Jahren. An meine Kosmetik habe ich sicher seit 1850 nicht mehr gedacht. Ja, das war richtig gut und es hat mir auch Spaß gemacht, die Damen sind mir die Türen eingerannt. Sie haben Recht, ich brauche die Rezepte wirklich nicht mehr, Sie können sie haben!

Ich kann mein Glück kaum fassen. Nostradamus geht tatsächlich zu seinem Schreibtisch, nimmt die Feder zur Hand und beginnt mit seinen Aufzeichnungen.

In meinen Gedanken beginne ich bereits von Website, Label, Marketingstrategien zu phantasieren und sehe schon das Geschäft in der Herrengasse vor mir, da reißt Nostradamus mich aus meinen Tagträumen.

N: So, ich wäre fertig. Machen Sie was draus, junge Dame! Und jetzt bitte Ihre 3. und letzte Frage.

S: [Ich lieeeebe ihn!] Bitte verzeihen Sie mir, Herr Nostradamus, aber ich würde doch noch gerne eine Frage zu Ihren Prophezeiungen stellen. Nächste Woche ist in Österreich Nationalratswahl. Was wird am Wahlabend passieren?

N: [seufzt, stützt die Arme am Schreibtisch auf, legt die Hände an die Schläfen und runzelt konzentriert die Stirn.] Ich sehe Armin Fuchs, nein: Wolf, er stellt viele Fragen an die SpitzenkandidatInnen. Und ich prophezeie, dass alle Antworten ungefähr folgendermaßen beginnen werden: „Wir bedanken uns bei unseren Wählerinnen und Wählern…“

Er beginnt zu zittern, lässt Arme und Kopf auf den Schreibtisch sinken und ich spüre, dass er jetzt Ruhe braucht, meine letzte Frage war wohl zu viel für ihn. Kurz lege ich meine Hand auf seine Schulter, bevor ich mich mit einem Blick in Richtung Jean zurückziehe. Dieser versteht sofort und geleitet mich zum Tor. Sorgfältig verstaue ich die Rezepte in meinem Rucksack und trete hinaus in die Spätsommersonne der Provence. Danke, Herr Nostradamus, es war mir eine Ehre und ein Vergnügen, Sie kennengelernt zu haben!

Intermezzo I & II

Intermezzo I

So kommt hier ein Espresso macchiato daher. Ich bin echt froh, keinen Cappuccino bestellt zu haben.

Intermezzo II

Manchmal sind Bubenträume auch Mädchenträume. Die Fahrt von Avignon nach Salon de Provence im Führerhaus. Unbeschreiblich schön. Danke…

Weltmeisterlich!

Es zieht mich wieder an den Atlantik. Ich nehme die kleine Fähre, die Santander im Halbstundentakt mit Somi verbindet und spaziere hinter die Düne an den Strand. Aus der Ferne sind Kameramänner und Fotografen zu sehen, die ihre Objektive auf das Meer ausgerichtet haben.

Zu erkennen ist allerdings nichts Fotografierenswertes, weshalb ich mich neugierig anschleiche und den Ersten in der Reihe befrage. Joe ist aus Sevilla, arbeitet als freier Journalist und beantwortet geduldig meine Fragen, ohne die Geschehnisse in den Wellen aus den Augen zu lassen. Ich bin in die World Championship for Kneeboard Surfing geraten! Ein Plakatständer informiert über die Geschehnisse des Tages.

Nun erkenne ich auch, dass weit draußen vier Surfer auf ihren Boards auf die perfekte Welle warten. Dafür haben sie 20 Minuten Zeit, das Startsignal erfolgt durch eine Plastiktröte, die weitere Kommunikation mittels Schautafel.

Grün bedeutet: Zeit läuft

Rot bedeutet: noch 5 Minuten

Zwei Wellen in 20 Minuten dürfen sich die Surfer aussuchen, um dann ihre Kunststücke vor den Augen einer rein männlich besetzten Jury zum Besten zu geben.

Die Entscheidung ist nicht einfach, abwartend lassen sie sich treiben, testen an, fallen wieder ab, bis sie es dann wagen! Nach einer Zeit des Beobachtens beginne ich zu verstehen und auch schon zu erkennen, wie eine gute Welle beschaffen sein muss. Die Bedingungen sind heute schwierig, es ist Flut, daher kriegen die Biester keine richtig brauchbare Höhe. Ein amerikanischer Teilnehmer schimpft lautstark vor sich hin. So eine teure Reise und dann solche besch…eidenen Wellen. Seine Unzufriedenheit mag der Tatsache geschuldet sein, dass er im Hauptbewerb gestern verloren hat 🙂
Ich mache mich auf die Suche nach dem frischgebackenen Weltmeister.

Here we are! Congratulations Michael! Er freut sich sichtlich über mein Interesse, hat aber keine Zeit für mich, denn der Bewerb um die Nationenwertung ist noch voll im Gange und er spielt natürlich eine zentrale Rolle. Aber seine Frau Theresa steht mir sehr gerne für ein Gespräch zur Verfügung. Ich vermute, es ist ihr nach ein paar Tagen hier am Strand schon ein bissl fad.

Gemeinsam mit ihrem ebenfalls surfenden Sohn Thomas sitzen wir für eine Weile im warmen Sand und beobachten den Wettbewerb. Es ist schon eine lange, kostspielige Reise von Australien hierher an die spanische Nordküste. Aber es hat sich ausgezahlt und zwar nicht nur, weil ihr Mann den Titel einheimsen konnte. Sie haben die Gelegenheit genützt und sich gleich auch ein wenig die Gegend angeschaut. Madrid zuerst, dann den Norden im Rahmen einer Ostseekreuzfahrt, das volle Programm. Paris hat ihnen am besten gefallen, Theresa kommt richtig ins Schwärmen, während Thomas gelangweilt auf das Wasser schaut, wo Michael mittlerweile ganz draußen als roter Punkt erkennbar ist. Übrigens schwimmen Kneeboarder mit Flossen, das ist quasi ihr Markenzeichen.

Theresa erzählt von der Kneeboarder-Community. Es sind sehr ambitionierte Sportler aus den klassischen Regionen Australien, USA, Frankreich und einige karibische Staaten sind auch vertreten. Man kennt und mag sich, jeder unterhält sich mit jedem, nur wenn ein Bewerb gerade im Gange ist, stehen die Teams zusammen, um ihren Vertreter gemeinsam zu beobachten und zu analysieren. Es gibt auch ein paar Frauen, aber man kann sie an einer Hand abzählen.

Nicole aus Frankreich strahlt, denn sie hat gerade in einer gemischten Gruppe den 2. Platz erkämpft.

Heute ist nicht zu viel los, das angereiste Publikum besteht aus einer neugierigen Österreicherin, aber umso freundlicher werde ich aufgenommen! Gestern beim Hauptbewerb seien viele Zuschauer da gewesen, erzählt Brad, der den Tag für das amerikanische Team fotografisch dokumentiert.

Auch einen Wasserretter gibt es, wobei hier wohl eher einer Vorschrift Genüge getan wird.

Die Weltmeisterschaften im Kneeboard Surfen finden biennal statt, das nächste Mal also 2019 – in Neuseeland!

wkc2017.com

Kuddelmuddel

Aufgrund technischer Schwierigkeiten gibt es den Beitrag von morgen bereits heute und morgen dafür den Beitrag von gestern. Ich bin seit 18 Stunden unterwegs und nütze die Wartezeit, bis ich dann gegen 15.30 im Salon eintreffen werde, um von der Erfüllung eines Reisevorsatzes zu berichten. Ihr erinnert Euch, ich wollte den Jakobsweg gehen, im Abschnitt Camino del Norte.

Vorgestern war es soweit, eigentlich und ehrlich gestanden per Zufall. Als ich nach dem Interview mit der Frau des Weltmeisters (morgen!) sehr zufrieden Richtung Fähre zurück nach Santander spazierte, wurde mir beim Anblick einer gebeugt dahinschleichenden, ausgemergelten Gestalt plötzlich bewusst, WO ich hier gerade bin. Auf einmal bekamen die Zeichen am Wegesrand eine Bedeutung.

Der Pilger entkam mir nicht. Er wollte sichtlich seine Ruhe haben, ich wollte alles wissen. Ratet mal, wer sich durchgesetzt hat 🙂
Allerdings bittet mein elsässer “Don A.“ (Name der Redaktion bekannt) von einem Foto abzusehen, um Schwierigkeiten mit seiner Lebensgefährtin zu vermeiden. Ich verstehe zwar sein Problem nicht, aber nachdem ich bei Lösungen gerne behilflich bin, einigen wir uns auf seinen Rucksack als bildlichen Stellvertreter.

Ich gehe also mit Don A. ein Stück des Weges, es werden wohl so zwei, drei Kilometer gewesen sein. Auf jeden Fall weiß ich jetzt, warum ich diese Art der Wanderschaft definitiv nicht will. Er war an diesem Tag 35 km unterwegs und musste sich dann in Santander noch ein Quartier suchen. Dauer: 1 Stunde.

Gegen Vorweis des Pilgerpasses bekommt er ein Bett (mit Plastikbezug) in einem Schlafsaal.

Die Regeln sind streng:

Und die Duschen offenbar unbeschreiblich grauslich. Ich habe auf meiner Reise oft sehr einfach gewohnt, aber es war immer sauber.

Für mich war das Treffen ein Glücksfall. Nun kann ich mit Fug und Recht behaupten, den Jakobsweg gegangen zu sein, ohne alle damit verbundenen Strapazen!

Erfahrungen

Das Elend begann vorgestern früh in Valencia. Merke: Du sollst kein Glas mit Löskaffee in Deinen Rucksack packen, wenn der Drehverschluss seine Bestimmung nicht erfüllt. Du sollst überhaupt keine Lebensmittel in Deinen Rucksack packen, bevor Du in ein Flugzeug steigst!

Es braucht nicht viel Phantasie, sich vorzustellen, was der Löskaffee mit meiner Wäsche angerichtet hat. Als ich das Malheur am Abend entdeckte, hab ich den Rucksack ganz schnell wieder zugemacht und mir gedacht, dass ja eh morgen auch noch ein Tag sei. Merksatz Nr. 3: Entferne verschütteten Löskaffee sofort, denn über Nacht bemächtigt er sich der Luftfeuchtigkeit und verkrustet.

Also nix mit locker Ausbeuteln, jetzt ist eine Wäscherei gefragt, die ich auch schnell finde, kein Problem, ich habe alles im Griff.

Allerdings hatte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht:

Um es ganz kurz zu sagen, er hat zwar meine 5 € genommen, war aber zu keiner Gegenleistung bereit. Die Waschmaschine sagte nur, ich solle endlich zahlen und rührte sich nicht. Über allen Trommeln war Ruh. Unter Aufbietung all meiner Selbstbeherrschung legte ich noch einmal 5 € nach. Nichts. Ich stand allein in diesem Waschsalon – Achtung, jetzt kommt es – und haute und trat den Automaten :-). Wer von Euch die Millennium-Trilogie gelesen hat und sich daher an Lisbeth Salander erinnert: mein Aggressionspotential hätte ihr zur Ehre gereicht. Wäre eine Pistole zur Hand gewesen, hätte ich das blöde Ding erschossen.

Da öffnete sich die Tür und herein kam ein Mann, den ich aufgrund der Tatsache, dass er keine Wäsche dabei hatte, als irgendwie verantwortlich identifizierte. Ich machte mir keine Mühe mit Englisch, sondern beschimpfte ihn, seine Familie, Spanien und die Wäscherei gleich auf Deutsch. Er lächelte milde und zeigte mir, wie man die Waschmaschine richtig schließt, die prompt einen zufriedenen Seufzer von sich gab und zu Waschen begann. Dann öffnete er den Automaten, gab mir die überschüssigen Euros zurück, besah sich den Gatsch in meinem Rucksack, holte ein Schwammerl und warmes Wasser mit Spülmittel und erklärte mir den Wäschtrockner.

Ich hoffe nur, der gute Mann sieht sich heute nicht die Bilder seiner Überwachungskamera an, denn meine Kommunikation in diese Richtung war leider auch nicht gerade ladylike.