De Hoop I

Meine Schönen!

Natürlich habe ich mit Euch gerechnet, erwartet, viele von Euch zu sehen. Und doch hat mich die Faszination überrascht, mit der Ihr mich in Euren Bann gezogen habt. Wunderbar seht Ihr aus, ein wenig altmodisch und im wahrsten Sinn des Wortes meist verschlossen. Ich musste einige Kilometer radeln, um Euch zu finden, zumindest hier in der Gegend seid Ihr selten geworden. Dafür gibt es viele Eurer modernen Schwestern, die sich blühend weiß und elegant weit in den Himmel recken, sich ihrer „Nützlichkeit“ bewusst zu sein scheinen, so selbstbewusst wirken sie. Ihr dagegen seid ein wenig pummelig und man traut Euch nicht mehr viel zu. Teuer seid Ihr in der Erhaltung und die Technik ist nicht mehr zeitgemäß, daher gibt man Euch nichts mehr zu tun (Tröstet Euch, damit liegt Ihr gut im Zeitgeist!). Allerdings, als Werbeträger und Fotomotiv seid Ihr noch recht brauchbar, weshalb man Euch unter Denkmalschutz gestellt hat. Und die eine oder andere darf als Wohnung dienen, man schmückt sich gerne mit Euch.

Aber es gibt auch Ausnahmen!

„De Hoop“ ist eine der wenigen Windmühlen von Zeeland, die noch im Vollbetrieb stehen. 1808 gab es hier bereits eine kleine Mühle, der jedoch die schnell wachsenden Bäume der Umgebung bald den Wind nahmen. 1894 erfolgte der Neubau, 1939 wurde die Mühle von der Familie deVisser übernommen. Vater deVisser ist 90 Jahre alt und hält das Mahlwerk täglich am Laufen. Außer bei Windstille natürlich und wenn Wartungsarbeiten anstehen, die sein Sohn erledigt. Er war es auch, der mir heute Zutritt gewährte, nicht ohne mich zu warnen: „Pass gut auf, achte auf jeden Schritt!“
Es wurde eine abenteuerliche Kletterparie bis ganz hinauf unter die Kappe der Mühle, über schmale Leitern, die noch die originalen sind, alles überzogen mit feinstem, rutschigen Mehlstaub. Der allergrößte Teil der Substanz ist noch in Verwendung, ergänzt durch ein paar zeitgemäße technische Hilfsmittel. Bei den Fotos steht ein bisschen mehr dazu. Übrigens ist es einer meiner Ansprüche, ohne Wikipedia auszukommen, die Inhalte hier beruhen ausschließlich auf meinen Gesprächen.
Am Ende meiner Expedition hatte ich noch die Ehre, Vater deVisser persönlich kennen lernen zu dürfen. Er kam neugierig daher, wollte wohl wissen, was dieses mehlbestaubte Wesen (noch ein wenig Ei und Brösel –
ich wäre perfekt paniert gewesen!) in seiner Mühle zu suchen hat. Er freute sich dann sehr über mein Interesse und beantwortete geduldig alle meine Fragen. 100 Tonnen Mehl werden jährlich in etwa produziert „nichts ist gespritzt, alles Bio“, Vollkornmehl und Weißmehl, das Getreide liefern die lokalen Bauern. Es macht ihm immer noch Freude zu sehen, wenn die Flügel sich zu drehen beginnen. Und wenn ich an die leuchtenden Augen seines Sohnes denke, als er mir alles erklärte, bin ich sicher: diese Mühle darf weiter bestehen und ihre ureigenste Aufgabe erfüllen – das Korn für den Menschen zu mahlen.

Majestätisch!

Hiermit werden die Mehlsäcke verschlossen
Hier wird das Korn von der Schale befreit, Sohn deVisser wartet die noch originale Vorrichtung
Mit Hilfe des Gestänges wird der Kopf der Mühle samt ihrer Flügel händisch in den Wind gedreht
Der stolze Besitzer!

2 Antworten auf „De Hoop I“

  1. Jetzt wohne ich hier schon seit 2010 und habe die Muhle nur aus der Ferne gesehen. Du von ihnen! Der Bericht ist aber erläuterent.

  2. Danke für diesen wundervollen und sehr interessanten Bericht. Man kann direkt spüren, mit welcher Neugier Du die von Dir bereisten Orte erkundest.

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