Willkommen zu Hause!

Es geschah einem nebeligen Septemberwochenende, als der Winter plötzlich um die Ecke sah und ich mir gut vorstellen konnte, dass ich bald keine Sommergarderobe mehr brauchen würde. Beim Umräumen des Kastens fiel mir meine Lieblingsdaunenjacke in die Hände und ich musste wieder einmal feststellen, dass diese sich nicht von selbst im März in die Putzerei begeben hatte, um die Glühweinspur des Vorjahres zu entfernen. Frechheit. Aaaaber: es war ja erst Herbst, Zeit genug für eine Reinigung. Außerdem war ein kleines Eckchen beim rechten Mantelsack eingerissen. So ca. 1,5 cm. Maximal.

Zwei Wochen später ging mir die Jacke durch ihre erwartungsvolle Präsenz auf meiner Garderobe (mittlerweile war das Wetter wieder eher spätsommerlich) so auf die Nerven, dass ich sie zum Schneider meines Vertrauens – in der Folge kurz SmV genannt – brachte, der auch eine kleine Reinigung betreibt. Um dort vor verschlossener Türe zu stehen. Also wieder zurück auf die Garderobe mit der Jacke. Der nächste Versuch glückte und so landete das gute Stück Ende Oktober quasi in der Runderneuerung. Bitte einmal putzen und den Mantelsack nachnähen. Danke. Nächste Woche reicht vollkommen!

Mitte November bin ich ganz stolz darauf, die Jacke nicht vergessen zu haben und bin damit dem SmV eine Nasenlänge voraus. Entschuldige bitte, übermorgen, ok? Ja, klar.

Als ich zu Adventbeginn das nächste Mal vorbeischaue, sieht er mich treuherzig an. Das ist wirklich kompliziert mit dem Mantelsack, da musste ein spezieller Zwirn bestellt werden und der ist noch nicht geliefert worden. Wir schütteln beide ganz nachdenklich den Kopf, wo wird denn das noch hinführen, wenn die Firmen so einen Schlendrian haben. Aber nächste Woche, sicher!

Nach zwei weiteren Versuchen, die an der verschlossenen Türe enden (die Öffnungszeiten sind nicht mit meinen täglichen Gewohnheiten kompatibel), stehe ich Mitte Dezember endlich wieder im Geschäft. Mein SmV blickt mich tragisch an und erzählt von seiner Erkrankung. Unter reger Anteilnahme der anderen Kundschaften zieht er einen Befund aus einer Lade, der ziemlich bedrohlich aussieht. Da kann man nur gute Besserung wünschen und sich zurückziehen. Wer braucht schon Winterjacken?

Weihnachten zieht ins Land und ebenso das Neue Jahr. Als ich wieder einmal am Geschäft vorbeigehe, winkt mich SmV in den Laden. Strahlend überreicht er mir das frisch geputzte Stück, aber bevor ich es noch in Empfang nehmen kann, zieht er es wieder zurück und bittet mich verschmitzt darum, doch noch fünf Minuten zu warten. Er verschwindet im Hinterzimmer und schon höre ich das Rattern der Nähmaschine. Ahhh, der Mantelsack!

Geschafft. Perfekt sauber und wunderschön genäht. Und – seien wir uns ehrlich – auch noch rechtzeitig, denn Daune zahlt sich erst ab ordentlichen Minusgraden aus und die hatten wir heuer noch nicht. Ein Hoch auf`s Handwerk!

6 Antworten auf „Willkommen zu Hause!“

  1. DANKE für das großartige foto. da fühl ich mich schon gleich vom sommer umgarnt! dein winterjackengschichtl hab ich mit meiner übergangsjacke die den ganzen winter auf der garderobe verbrachte, damit sie ja rechtzeitig den weg in die putzerei findet. meinst wird sie das fristgerecht hinbekommen? nun, deine hats ja auch geschafft 🙂

    1. … nicht wissend, ob man jemals wieder abgeholt wird!
      Und an den Reinigungsvorgang wollen wir gar nicht denken. Stundenlang in irgendwelchen Chemikalien gewälzt zu werden, ohne Luft und Licht. Schauderbar!

  2. stimmt, an die verlustangst hab ich gar nicht gedacht … wir sind unseren jacken viel zu wenig dankbar für ihr langes ausdauern bei uns …

Schreibe einen Kommentar zu brigitte Antwort abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert