Tagebuch eines Grippemonsters

Mittwoch
Als sie die Türe zum Hotelzimmer öffnet und meinen Raum betritt, weiß ich, dass meine karge Zeit zu Ende geht. Sie ist das perfekte Opfer. Leicht gestresst, übermütig, voller Lebenslust und Tatendrang achtet sie nicht auf sich. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen, ich brauche nur zu warten.

Donnerstag
Noch finde ich keine Möglichkeit zum Angriff. Weiter warten also.

Freitag
Es ist so weit! Kalte, nackte Füße auf Steinboden, hurra, das hält sie nicht aus. Flink mache ich mich auf den Weg und genieße es, endlich wieder als Virus aktiv sein zu dürfen. Obwohl, ihre Abwehr ist nicht schlecht, muss ich sagen. Da werde ich noch ein wenig Verstärkung brauchen.

Samstag
Mhm, die Sonne scheint, es ist warm und ihr Mantel ist zu dick. Ihr Wärmehaushalt ist durcheinander, das kommt mir sehr zugute. Noch merkt sich gar nichts.

Sonntag
Fast 12 Stunden sitzt sie im Zug und lässt sich von der Klimaanlage umschmeicheln. Das war´s, jetzt kann ich richtig Gas geben.

Montag
Ich bin den ganzen Tag lang mit den Vorbereitungsarbeiten beschäftigt. Das muss eine konzertierte Aktion werden, damit sich die ganze Warterei ausgezahlt hat. Am Abend bringe ich das erste Halskratzen zusammen. Sie ignoriert es vollkommen, besser geht es nicht. Mein Plan funktioniert.

Dienstag
Ihr Tag ist gut gefüllt mit Terminen, ich kann in Ruhe arbeiten. Als sie sich am Abend mit einer Freundin trifft und das obligate Glas Rotwein zugunsten von Kräutertee verweigert, weiß ich, dass sie weiß. Lass uns den Kampf beginnen! Die Nacht geht eindeutig an mich, der Vollmond ist auf meiner Seite, sie schläft nicht, der Hals brennt wie Feuer und sie hat nicht viel entgegenzusetzen. Die Strepsils nerven mich ein wenig, Parkemed mag ich gar nicht, aber diese Runde geht trotzdem an mich.

Mittwoch
So ein Schmarrn. Sie steht nicht auf, bleibt einfach im Bett! Ganz schlecht für mich, dabei habe ich gerade begonnen, mich richtig wohl zu fühlen. Im Laufe des Tages merke ich meine schwindenden Kräfte. Coldargan-Tropfen nimmt sie jetzt auch, ojeojeoje, ich beginne, mir ernsthafte Sorgen zu machen.

Donnerstag
Mein kärgliches Virusleben hängt bereits am seidenen Faden und was macht sie? Steht auf und geht arbeiten! Besser geht`s nicht, ich kann mein Glück kaum fassen. Termine hat sie, sagt sie, die wären wichtig. Ja, bin ich denn niemand?! Bin ich vielleicht unwichtig? Wie kann man mich nur so unterschätzen? Der werde ich es zeigen. Emsig wuselt sie an der Uni herum und mit jedem munteren Schritt öffnet sich für mich wieder ein Schatzkästchen an Möglichkeiten. Ich verschließe mit Leichtigkeit ihre Nase und attackiere im Vorbeigehen ihre Stimme. Auch zittrige Knie und Gliederschmerzen hätte ich jetzt im Angebot. Dass sie sich dann in die Apotheke schleppt, ist ein netter Versuch, vor allem, weil der Weg dann wieder zurück ins Büro führt. Die ersten Kolleginnen wenden sich mit Grausen und letztendlich kriecht sie marodig nach Hause und ich bin stark wie Schwarzenegger.

Freitag
Meiner ganzen Kraft lasse ich in der Nacht freien Lauf. Was noch gefehlt hat, war ein ordentlicher Husten, herrlich, ich bin in meinem Element. Leider bleibt sie jetzt doch wieder daheim. Und kämpft mit allen Tricks sowohl der pharmazeutischen Industrie als auch der Naturheilkunde. Nichts lässt sie unversucht, um mich zu schwächen. Vor allem die viele Ruhe ist sehr unangenehm für mich. Lesen, schlafen, lesen, schlafen – grauenvoll, der Tag wird schön langsam mühsam. Als sie dank ihrer Freundin D. dann auch noch mit CBD anfährt, spüre ich Herzrasen. Wenn sie heute in der Nacht gut schläft, bange ich um meine Überlebenschancen. Und Wochenende ist auch noch, das heißt ich habe keine Aussicht, dass sie ins Büro geht.

Samstag
Ich bündle alle Energien und hänge ihr beim Aufwachen eine Kreislaufschwäche um. Und was macht mein „Opfer“? Dopt sich mit Kaffee. 1:0. Ihre Lebensgeister beginnen sich zu melden und langsam das Kommando zu übernehmen. Das kann nicht wissen halt schwer… arm ich… Hilfe! Niemand… Mail an Virusgruppe frage aber halb hinüber… Chance vielleicht irg

3 Antworten auf „Tagebuch eines Grippemonsters“

  1. na du herzlose du, drischt frau so auf ein klitzekleines grippemonster ein? hoffentlich war dir das eine lehre 😉
    schön, dass du wieder zurück bist aus den untiefen…

    1. Von wegen! Das klitzekleine Grippemonster hat sich Verstärkung durch das Hustenwildschwein geholt, jetzt hänge ich noch immer zu Hause herum und warte auf die Blitzgesundung. So mühsam. Wenn`s bis morgen nicht besser ist, werden wir den Antibiotischen Abwehrfazer ausfahren!

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