Echt schräg

Zu den treuen Begleitern meiner Adventzeit seit vielen, vielen Jahren gehört der Vorsatz, nicht nur nicht zuzunehmen, sondern so diszipliniert zu sein, dass ich am Heiligen Abend genauso rank und schlank da stehe, wie meine ranke und schlanke Weihnachtstanne. Interessanterweise habe ich trotz umfassender Bemühungen dieses Ziel aus vollkommen unbekannten Gründen nie erreicht und trotzdem gebe ich nicht auf.
Mit zunehmendem Alter wird`s noch dazu immer schwieriger und so habe ich heuer beschlossen, mich nicht nur auf die anscheinend eh sinnlose Kontrolle meiner Ernährung zu fokussieren, sondern auch noch den Faktor Bewegung in meine Überlegungen einzubeziehen. Bekanntlich ist der Besuch einer Foltereinrichtung derzeit nicht möglich, weshalb ich meine Aktivitäten auf ein oranges Etwas – Länge 1,50 m, Breite 60 cm – verlagert habe und damit auch die notwendige Effizienz gegeben ist, lasse ich mich von einer jungen Dame namens Gabi Fastner begleiten. Sie ist ihres Zeichens Fitnesstrainerin und bietet auf youtube eine wunderbare Palette an Möglichkeiten an, einfach alles zu trainieren, was an unserem Körper – fitnesstechnisch gesehen – trainierbar ist. Bauch, Beine, Popsch, Koordination, Gleichgewicht, Ausdauer, Kraft… und, und, und…

Letztens turnte ich also mehr oder weniger fröhlich vor mich hin, als Gabi eine Übung ansagte, die sehr gut für die schräge Bauchmuskulatur sein. Man lege sich auf den Boden, ziehe die Beine in die Höhe – so im rechten Winkel abgewinkelt, Ihr wisst schon – verschränke die Hände hinter dem Kopf und bringen dann den rechten Ellbogen zum linken Knie. Und zwar, erraten, mit Hilfe der schrägen Bauchmuskeln. Ambitioniert bringe ich meine Extremitäten (langsam verstehe ich, warum die Teile so heißen) in Startposition. Und dann passiert: nichts. Ich liege auf der Matte wie festgetackert. Ein tiefes Zornesgrollen, alle Kräfte zusammengenommen… Wieder nichts. Das kann nicht sein. Schillers Glocke fällt mir ein:
Fest gemauert in der Erden
Steht die Form aus Lehm gebrannt
Hätte er prophetisch mich gemeint, würde er geschrieben haben „liegt die Form“. Diese Einsicht tröstet mich herzlich wenig. Weitere Überlegungen, während Gabi im Hintergrund verkündet: noch 10 Mal, 9… 8… 7… Kann es sein, dass es sich bei mir um eine anatomische Anomalie handelt? Mit einem Anflug von schlechtem Gewissen schmeiße ich Gabi aus meinem Smartphone und google „Mensch ohne schräge Bauchmuskeln“. Das Ergebnis lässt mich ratlos zurück: keine Treffer! Ich bin ein Wunder! Schaffe ich es so in das Buch der Rekorde? Erschrocken über meine Oberflächlichkeit, versuche ich die Konsequenzen zu erfassen und, lösungsorientiert wie ich nun mal bin, auch schon eventuelle Reparaturmöglichkeiten in Erwägung zu ziehen. Vielleicht lassen sich die Dinger ja transplantieren? Hat jemand von Euch schräge Bauchmuskeln abzugeben? Es gibt doch auch Menschen mit drei Nieren! Andererseits, wer braucht schon im Alltag die Fähigkeit, im Liegen bei grauslichen Verrenkungen mit den Ellbogen kreuzweise zu den Knien zu gelangen. Niemand. Erleichtert rolle ich die Matte zusammen und esse ein paar Kekse zum Frühstück. Ist ja immerhin Advent!

3 Antworten auf „Echt schräg“

  1. wirklich guter versuch, aber KEINE, gibt ihre schrägen bauchmuskeln her und es sollte dir klar sein, warum 🙂
    morgen probierst es wieder und übermorgen und überübermorgen und überüberüber …

    ps: und immer gut auf deine hws aufpassen!
    pps: ich hol mir jetzt auch ein keksi

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert